Auf und nieder, immer wieder - oder: Vom Gehen, Stehen, Knien und Sitzen beim Gottesdienst

Wenn wir miteinander die Heilige Messe feiern, dann nehmen wir dabei verschiedene Körperhaltungen ein. Während des Gottesdienstes stehen und sitzen, knien und gehen wir. Aber warum ist das eigentlich so? Warum sitzen wir zum Beispiel nicht einfach den ganzen Gottesdienst hindurch?

Nun, wenn wir Menschen uns versammeln, dann tun wir es sozusagen mit Leib und Seele, als ganze Menschen, und nicht nur mit unserem Kopf. Ohne unseren Körper können wir nicht feiern!

Außerdem müssen wir uns vor Augen halten, dass Liturgie ja kein Theaterstück oder ein Konzert ist, bei dem wir mehr oder weniger passive Zuseher oder Zuhörer sind, sondern eine Feier, an der wir alle teilnehmen. Wenn wir unsere Körperhaltung während des Gottesdienstes mehrfach ändern, dann stellen wir uns auf das ein, was gerade passiert. Wir zeigen mit unserem Körper, was wir gerade tun.

Wenn wir stehen, dann bringen wir damit unsere Ehrfurcht vor Gott zum Ausdruck (zum Beispiel während des Evangeliums). Wir demonstrieren Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, zuzuhören. Wir stehen als erlöste und freie Menschen vor Gott, wenn wir uns als Gemeinschaft an ihn wenden („Herr, erbarme dich“; „Ehre sei Gott in der Höhe…“).

Durch das Sitzen fällt es uns leichter, aufmerksam und konzentriert zuhören, ruhig zu werden und uns zu sammeln und zu besinnen (Lesungen, Predigt…).

Wir knien immer dann, wenn wir allein beten oder Gott anbeten, oder wenn wir besonders unsere Demut zum Ausdruck bringen wollen. Wir machen uns klein, wenn wir zeigen möchten, dass wir die Größe Gottes anerkennen.

Wann auch immer wir gehen, bewegen wir uns auf ein Ziel hin (beim Gottesdienst: Kommunion), sind wir unterwegs zu Gott. (Besonders deutlich wird das natürlich bei allen Prozessionen).

Durch Verneigung und Kniebeuge zeigen wir besondere Ehrfurcht und Respekt.

Auch die unterschiedliche Haltung der Arme und Hände hat ihre jeweilige Bedeutung. Wir sprechen mit unseren Händen, wenn wir sie falten, einander reichen, und vieles mehr.

Wenn wir uns dessen bewusst sind, dass jede Geste und Bewegung ihre bestimmte Bedeutung hat, dann wird auch klar, warum wir bei bestimmten Handlungen bestimmte Haltungen einnehmen. Wenn wir nun den Ablauf der Heiligen Messe betrachten, dann gilt grundsätzlich:

Wir stehen während des Eröffnungsteiles des Gottesdienstes, also beim Einzug (Beginn), der Begrüßung, dem Schuldbekenntnis, dem Kyrie („Herr, erbarme dich…“) und Gloria („Ehre sei Gott…“), sowie beim Tagesgebet (das den Eröffnungsteil abschließt).

Zu Beginn des Wortgottesdienstes setzen wir uns, weil wir aufmerksam hören wollen, und bleiben bei den Lesungen und dem Antwortgesang sitzen. Sollte es einen Hallelujaruf vor dem Evangelium geben, stehen wir dazu aber wieder auf; und auf jeden Fall stehen wir beim Evangelium (weil es die Frohe Botschaft Jesu Christi an uns ist).

Zum Hören der Predigt setzen wir uns; wenn wir aber unseren Glauben bekennen (Glaubensbekenntnis) und unsere Bitten vor Gott bringen (Fürbitten), stehen wir wieder.

Die Eucharistiefeier beginnen wir sitzend (während der Gabenbereitung), doch wir stehen wieder während dem Eucharistischen Hochgebet (Heilig, heilig, heilig), (knien nieder während der Wandlung von Brot und Wein zu Leib und Blut Jesu Christi), und wir stehen beim Vaterunser, dem Friedensgebet und dem Brechen des Brotes. (Bei der Einladung zur Kommunion, also dem „Herr, ich bin nicht würdig“, knien wir wieder). Nachdem wir zur Kommunion gegangen sind, sitzen wir beim Dankgesang, stehen aber eigentlich beim Schlussgebet (das die Eucharistiefeier abschließt).

Im Schlussteil des Gottesdienstes sitzen wir während der Verlautbarungen, stehen aber zum Segen auf, und ebenso zum Schlussgesang (Auszug).

Natürlich kann es vorkommen, dass sich in den verschiedenen Pfarrgemeinden gewisse Unterschiede einbürgern, und dass sich durch die besondere Gestaltung mancher Gottesdienste in der Praxis kleine Abweichungen ergeben. Wichtig ist dabei, dass wir uns vor Augen halten, dass wir immer als ganze Menschen vor Gott stehen und mit unserem Körper beten, feiern, unseren Dank zum Ausdruck bringen, bitten, hören, Ehrfurcht zeigen und vieles mehr.

Wie viel unsere Körperhaltung eigentlich über das Geschehen beim Gottesdienst aussagt, können wir erkennen, wenn wir im Ausland die Heilige Messe mitfeiern: Auch wenn wir die Sprache vielleicht nicht verstehen, können wir erraten, worum es gerade geht.

Aber egal, ob wir sitzen oder gehen, stehen oder knien, was zählt ist wohl unsere innere Bereitschaft zur Mitfeier, unsere innere Haltung und Einstellung, die durch die Sprache unseres Körpers zum Ausdruck kommt.

 Ulrike Schantl